Skip to main content

Ventrikelseptumdefekt (VSD)

Ein Ventrikelseptumdefekt (VSD) ist ein Loch in der Herzscheidewand zwischen der rechten und der linken Kammer des Herzens. 

Durch das Loch kann sauerstoffreiches Blut aus der linken in die rechte Herzkammer übertreten, sodass vermehrt Blut in die Lunge anstatt in den Körper fließt. Das kann wiederum zu einer Mehrbelastung des Herzens bis hin zu Herzschwäche führen.

Ein VSD kann als einzelnes Loch in der Scheidewand zwischen den Kammern auftreten, es können aber auch mehrere kleinere Defekte bestehen. Zusätzlich können neben einem VSD noch andere angeborene Fehlbildungen des Herzen vorhanden sein. 

Ursachen und Risikofaktoren

Während der Entwicklung im Mutterleib besteht bei jedem Kind zu Beginn ein Defekt in der Herzscheidewand. Normalerweise schließt sich dieser Defekt jedoch, lange bevor das Kind zur Welt kommt in der 6. bis 8. Schwangerschaftswoche. Manchmal kommt es jedoch nicht zu einem vollständigen Verschluss der Herzscheidewand. 

Der Grund hierfür ist noch nicht bekannt, jedoch scheinen viele Faktoren eine Rolle zu spielen. Manche Kinder haben zudem noch andere Fehlbildungen des Herzens zusätzlich zum VSD. In einigen Fällen sind auch genetische Syndrome wie z.B. eine Trisomie 21 mit angeborenen Herzfehlern vergesellschaftet. 

Symptome

Normalerweise pumpt das rechte Herz, also der rechte Vorhof und die rechte Kammer, Blut in den Lungenkreislauf und das linke Herz, also der linke Vorhof und die linke Kammer, Blut in den Körperkreislauf. Besteht ein VSD, tritt Blut von der linken in die rechte Herzkammer über. Das führt dazu, dass vermehrt Blut in die Lunge gelangt und das linke Herz mehr Blutvolumen pumpen muss. Das linke Herz wird dadurch größer und in der Lunge kann sich durch den vermehrten Blutfluss unbehandelt ein Lungenhochdruck ausbilden. 

Als Ausdruck der Belastung von Herz und Lunge kann es zu Symptomen wie schneller und angestrengter Atmung, Schwitzen, Trinkschwäche, Müdigkeit und mangelnder Gewichtszunahme kommen. 

Wenn der VSD sehr klein ist, kann es sein, dass keinerlei Probleme oder Symptome bei Ihrem Kind auftreten. Insbesondere eher kleine VSDs können deutliche Herzgeräusche verursachen. Diese Geräusche kann die Kinderärztin bzw. der Kinderarzt mit dem Stethoskop hören. Bei sehr kleinen VSDs sind diese Geräusche oft der einzige Hinweis auf den Herzfehler. 

Je nach Lage des Defekts können sich kleine Löcher auch von selbst verschließen und müssen daher nicht behandelt werden. Bei größeren VSDs sind Herz und Lunge jedoch meist im frühen Alter von wenigen Lebenswochen bis Monaten belastet. Es kann bei Ihrem Kind eine schnelle und angestrengte Atmung auffallen. Kinder mit größeren VSDs können zudem durch Probleme beim Stillen oder Füttern und dadurch bedingtes zu langsames Wachstum auffallen. 

Bleibt ein größerer VSD über eine längere Zeit unbehandelt, kommt es durch die zu starke Durchblutung der Lungenarterien zu einem Bluthochdruckin den Lungenarterien („Pulmonalarterielle Hypertonie“ – PAH). Diese ist schwer zu behandeln und geht mit einer deutlich reduzierten Lebenserwartung einher. 

Sobald sich ein dauerhafter Lungenhochdruck ausgebildet hat, toleriert das Herz leider auch einen VSD-Verschluss nicht mehr. Daher sollten größere VSDs rechtzeitig (das heißt in den ersten 4 bis 6 Lebensmonaten, bei größeren Defekten auch früher) verschlossen werden, um dauerhafte Folgenschäden zu vermeiden. In einigen Fällen kann es auch notwendig sein, einen kleinen VSD zu verschließen, auch wenn sich rein äußerlich keine Symptome zeigen. Das kommt etwa infrage, wenn sich z.B. eine Entzündung festgesetzt hat oder die benachbarte Hauptschlagaderklappe (Aortenklappe) beginnt, undicht zu werden.

Therapie

Wenn der VSD sehr klein ist und das Kind keine Symptome zeigt, ist zunächst oftmals keine chirurgische Behandlung notwendig. Einige VSDs, die bei Kleinkindern gefunden werden, werden auch von allein kleiner oder verschließen sich spontan. Es gibt kein Medikament, das dabei hilft, einen VSD zu verschließen. 

Wenn der VSD größer ist und Symptome verursacht, sollte er verschlossen werden. Dies ist bereits im Alter von wenigen Lebenswochen sicher möglich und kann auch schon bei Neugeborenen erfolgen. Allerdings treten die Symptome häufig erst im Alter von einigen Lebensmonaten auf, sodass nach initialer medikamentösen Behandlung eine Operation üblicherweise im ersten Lebenshalbjahr erfolgt. Die Operation erfolgt unter Einsatz der Herz-Lungen-Maschine und das Loch wird am stillgelegten Herzen mit einem Flicken verschlossen. Hierfür verwenden wir meist körpereigenes Material aus dem eigenem Herzbeutel. In selteneren Fällen kann auch Fremdmaterial als Flicken verwendet werden, z.B. GoreTex®. 

Der Schnitt, den die Kinderherzchirurgin bzw. der Kinderherzchirurg bei der Operation durchführen muss, verläuft senkrecht mittig zwischen den Brustwarzen. 

Therapie am DHZC

Am DHZC können wir die meisten VSD-Verschlüsse über einen kosmetisch vorteilhaften, minimalinvasiven Zugang an der rechten Seite des Brustkorbs durchführen. Alternativ kann auch ein kleinerer Schnitt im unteren Bereich des Brustbeins (partielle Sternotomie) durchgeführt werden. Sie werden keine stigmatisierenden große Hautschnitte hinterlassen. 

Am DHZC bieten wir bei Operationen wie einem VSD-Verschluss wenn möglich das Fast-Track-Konzept an. Das bedeutet, dass Ihr Kind noch im Operationssaal von der Beatmungsmaschine entwöhnt wird und bereits selbstständig atmend auf die Kinderintensivstation gelangt. Diese Verfahren tragen zu weniger beatmungsbedingten Komplikationen, einem kürzen Aufenthalt auf der Intensivstation und insgesamt zu einer schnelleren Erholung und Entlassung nach Hause bei. 

Bei größeren Kindern und günstiger Lage eines eher kleinen VSDs kann dieser zum Teil auch über einen Herzkatheter-Eingriff durch Schirmimplantate verschlossen werden. Hierfür wird eine Schleuse in ein arterielles Leistengefäß gelegt und der VSD nach Einführen eines Katheters über die linke Herzkammer sondiert. 

Wenn Ihr Kind sehr krank, noch sehr klein oder gar ein Frühgeborenes ist und der VSD groß ist, kann der Defekt eventuell nicht sofort verschlossen werden. In diesem Fall gibt es eine chirurgische Möglichkeit, die für eine begrenzte Zeit die Symptome lindert und die Lungengefäße vor Hochdruck schützt. Diese Option nennt sich Pulmonalarterien-Banding (PAB). Hierbei wird am schlagenden Herzen in der Regel ohne Einsatz der Herz-Lungen-Maschine ein Bändchen um die Pulmonalarterie gelegt und diese so künstlich verengt. Auf diese Weise wird die Überflutung der Lunge verringert, sodass diese geschützt ist. Wenn Ihr Kind etwas größer geworden ist, wird im Rahmen der Korrekturoperation das Bändchen wieder abgenommen und der VSD mit einem Flicken verschlossen. 

Das Brustbein, welches wir bei dieser Operation längs durchtrennen müssen, braucht in der Regel etwa vier bis sechs Wochen, um wieder vollständig zu verheilen und stabil zu sein. Danach steht einer normalen Belastung nichts im Wege. Weitere Informationen gibt es in unseren extern validierten Qualitätssicherungsstandards und unseren Qualitätsjahresberichten.

Zum Qualitätsbericht Kinderherzchirurgie

Prognose

Besteht bei Ihrem Kind nur ein kleiner VSD oder wurde der VSD verschlossen, kann sich Ihr Kind ohne Risiko normal belasten. Unmittelbar nach einem Verschluss des VSDs – im Herzkatheter oder durch eine OP – kann es notwendig sein, für einen kurzen Zeitraum auf stärkere Anstrengung zu verzichten, bis die Heilung abgeschlossen ist. Hierzu berät Sie Ihre Kinderkardiologin bzw. Ihr Kinderkardiologe individuell. 

Nach Abschluss der Heilung bestehen normalerweise keine Einschränkungen. In einzelnen Fällen können nach einem VSD-Verschluss noch Medikamente notwendig sein, die die Entstehung von Blutgerinnseln und/oder Infektionen verhindern. 

Ein nicht behandelter kleiner VSD benötigt eine lebenslange regelmäßige Verlaufsbeobachtung durch eine qualifizierte Kinderkardiologin bzw. einen qualifizierten Kinderkardiologen oder eine Kardiologin bzw. einen Kardiologen, der zertifiziert ist, Erwachsene mit angeborenen Herzfehlern (EMAH) zu betreuen. Nach einem Verschluss des VSDs sind anfangs engmaschigere Kontrollen notwendig. 

Nach gelungenem VSD-Verschluss ohne Restdefekte oder Herzrhythmusstörungen sind die Aussichten exzellent. Ihr Kind benötigt in der Regel weder Medikamente noch weitere Operationen oder Herzkatheteruntersuchungen. Für etwa sechs Monate nach einem VSD-Verschluss ist es notwendig, dass Ihr Kind bei bestimmten Eingriffen wie z.B. zahnärztlichen Eingriffen vorbeugend Antibiotika nimmt. Dieses Vorgehen nennt sich „Endokarditis-Prophylaxe“ und soll verhindern, dass sich Bakterien, die während des Zahneingriffs in den Blutstrom gelangen, im zuvor operierten Herzen festsetzen. Ob diese sogenannte Endokarditis-Prophylaxe über mehr als sechs Monate fortgeführt werden muss, wird Ihnen Ihre Kinderkardiologin bzw. Ihr Kinderkardiologe individuell mitteilen. 

Zusammengefasst sind die Aussichten hinsichtlich Lebenserwartung und Lebensqualität nach einem rechtzeitigen und vollständigen VSD-Verschluss exzellent. Sollte sich noch kein Lungenhochdruck entwickelt haben, ist mit keinerlei Einschränkungen zu rechnen.

Eine erneute Intervention oder Operation ist bei vollständig und rechtzeitig verschlossenem VSD nicht notwendig. Sollte sich bereits ein Lungenhochdruck ausgebildet haben, können Kontrolluntersuchungen mittels Herzkatheter und Medikamente notwendig werden.

Autor:innen

Prof. Dr. med. Joachim Photiadis | Direktor der Klinik für Chirurgie Angeborener Herzfehler – Kinderherzchirurgie

Prof. Dr. med. Joachim Photiadis ist Direktor der Klinik für Chirurgie Angeborener Herzfehler – Kinderherzchirurgie am Deutschen Herzzentrum der Charité (DHZC) und Mitglied des Erweiterten Bereichsvorstands des DHZC.

Dr. med. Kira Kuschnerus | Fachärztin

Dr. med. Kira Kuschnerus arbeitet als Fachärztin an der Klinik für Chirurgie Angeborener Herzfehler – Kinderherzchirurgie am Deutschen Herzzentrum der Charité (DHZC).