Herzinsuffizienz
Bei der Herzinsuffizienz (auch Herzmuskelschwäche oder Herzschwäche genannt) ist das Herz nicht mehr in der Lage, den Körper und damit auch Organe wie Gehirn, Muskeln oder Nieren ausreichend mit Blut und damit mit Sauerstoff zu versorgen. Durch die eingeschränkte Pumpleistung des Herzens kann es dann zu typischen Beschwerden wie Luftnot, Flüssigkeitseinlagerungen (Ödemen) und Belastungseinschränkungen kommen.
In Deutschland leiden schätzungsweise 2,5 Millionen Menschen unter einer Herzinsuffizienz; die Zahl der Erkrankten wächst kontinuierlich. Die Erkrankung ist eine der häufigsten Todesursachen und Gründe zur Krankenhausaufnahme in Deutschland. Am Anfang verläuft sie oft symptomlos.
Wird eine Herzschwäche frühzeitig erkannt und gezielt behandelt, lässt sich der Krankheitsverlauf oft bremsen. So kann die Lebensqualität der Patient:innen lange erhalten bleiben.
Ausprägungen
Aktuell unterscheidet man zwei Formen der Herzschwäche, unabhängig von der Ursache: Kann der Herzmuskel nicht mehr stark genug pumpen, leiden Patient:innen an einer Herzinsuffizienz mit reduzierter Ejektionsfraktion – Heart Failure with reduced Ejection Fraction, kurz: HFrEF. Dem gegenüber steht die Herzinsuffizienz mit erhaltener Ejektionsfraktion – Heart Failure with preserved Ejection Fraction, kurz: HFpEF. Dabei pumpt das Herz zwar normal, ist aber zu steif, um die Herzkammern mit genügend Blut zu befüllen.
Um das Ausmaß der Herzbeeinträchtigung abzuschätzen, wird die Ejektionsfraktion als Größe verwendet. Diese bezeichnet den Prozentsatz des Blutvolumens, der von einer Herzkammer während einer Herzaktion ausgeworfen wird - in Bezug auf das Gesamtvolumen der entsprechenden Herzkammer. Eine Ejektionsfraktion von mehr als 55 Prozent gilt als normal. Von einer hochgradigen Einschränkung spricht man, wenn die Auswurfleistung unter 35 Prozent liegt.
Herzschwäche
Bei der Herzinsuffizienz ist die Pumpleistung des Herzens eingeschränkt. Das Herz ist dadurch nicht mehr in der Lage, den Körper und damit auch Organe wie Gehirn, Muskeln oder Nieren ausreichend mit Blut und Sauerstoff zu versorgen.
Teil2
Symptome
Eine Herzinsuffizienz beginnt oft schleichend und wird daher anfangs oft nicht erkannt. Denn die Pumpkraft des Herzens lässt erst allmählich nach. Erste Symptome äußern sich unspezifisch: Die Leistungsfähigkeit sinkt, Betroffene sind schneller erschöpft, spüren Atemnot und müssen häufiger Pausen machen. Weitere Symptome sind Müdigkeit, niedriger Blutdruck und Herzrasen. Außerdem kann die Atmung im Schlaf gestört sein. Schließlich kann es zum kardialen Lungenödem („Wasser in der Lunge“) mit schwerster Luftnot und Austritt von Flüssigkeit in die Lungenbläschen kommen.
Ursachen
Eine Herzinsuffizienz kann ganz verschiedene Ursachen haben. Die häufigste Ursache ist die Verkalkung der Herzkranzgefäße, die sogenannte koronare Herzkrankheit. Durch die Verkalkung sind die Gefäße, die den Herzmuskel versorgen, verengt; das Blut kann nicht mehr richtig hindurchfließen. In der Folge wird der Herzmuskel unterversorgt und ist weniger leistungsfähig.
Zu den weiteren Ursachen zählen:
- Erkrankungen der Herzklappen
- dauerhafte Herzrhythmusstörungen wie das sogenannte „Vorhofflimmern“
- angeborene oder erworbene Herzklappenkrankheiten, z.B. Aortenstenose oder Mitralklappeninsuffizienz
- Gewebeerkrankungen und Infektionen des Herzmuskels selbst, z.B. Kardiomyopathien oder Herzmuskelentzündungen
- Arterieller Hypertonus (Bluthochdruck in den Arterien)
Eine telemedizinische Versorgung kann bei Patient:innen mit fortgeschrittener Herzschwäche zur Lebensverlängerung und zu weniger Krankenhausaufenthalten führen.
Risikofaktoren
Neben diesen Ursachen gibt es weitere Risikofaktoren, die das Fortschreiten einer Herzinsuffizienz begünstigen. Ein entscheidender Aspekt für das Auftreten einer Herzinsuffizienz ist das Alter: Personen, die älter als 40 Jahre sind, haben ein erhöhtes Risiko, an Herzschwäche zu erkranken. Mit zunehmendem Alter steigt das Risiko weiter an.
Zu den weiteren Risikofaktoren zählen:
- Adipositas
- körperliche Inaktivität
- Diabetes mellitus
- Nierenschwäche
- starker Alkohol-Konsum
Geschlechter-assoziierte Einflussfaktoren
Es sind Unterschiede in der Entstehung und dem Verlauf der Herzinsuffizienz, aber auch dem Ansprechen auf Therapien und der medizinischen Versorgung zwischen den Geschlechtern bekannt. Sowohl das biologische Geschlecht als auch das Geschlecht als soziokulturelles Konstrukt (Normen, Verhalten, die Rolle in der Gesellschaft) spielen hierbei eine Rolle.
Insgesamt leiden Frauen seltener an einer Herzinsuffizienz als Männer, auch wenn das Erkrankungsrisiko bei beiden Geschlechtern mit dem Alter steigt. Der Grund: Die weiblichen Sexualhormone Östrogene wirken einer Entwicklung von Atherosklerose, bei der die arteriellen Blutgefäße erkranken, schützend entgegen. Diese Krankheit kann auf Dauer zu einer Herzschwäche führen.
Auch Veränderungen des Hormonhaushalts nach der Menopause spielen eine wichtige Rolle im Zusammenhang mit der Entwicklung von kardiovaskulären Erkrankungen, die eine Herzinsuffizienz bedingen können.
Das soziale Geschlecht beeinflusst potentiell das Risikoverhalten und den Lebensstil, die Inanspruchnahme der Gesundheitsversorgung oder -prävention, die Krankheitswahrnehmung und Entscheidungsfindungen in Bezug auf Therapien.
Elektrokardiogramm (EKG)
Per EKG lässt sich die elektrische Aktivität des Herzens messen. Die Herzaktion wird in Form von Kurven erfasst. Damit liefert das EKG zuverlässige Informationen über den Gesundheitszustand des Herzens.
(Bild: DHZC)
Diagnostik
Die primäre Diagnose wird in einer Kombination aus klinischen Untersuchungen, der Echokardiographie und bestimmten Laborwerten gestellt:
- Im Labor lässt sich der NT-Pro-BNP-Wert der Patient:innen bestimmen. NT-Pro-BNP („N-terminales Pro-B-Typ Natriuretisches Peptid“) ist ein Hormon, das im Herzen gebildet und freigesetzt wird, wenn der Druck im Herzen steigt. Ein erhöhter NT-Pro-BNP-Wert kann auf eine Herzinsuffizienz hindeuten.
- Ultraschalluntersuchungen des Herzens (Echokardiographie): Bei der Echokardiographie werden über einen sogenannten Schallkopf Ultraschallwellen ausgesendet und vom Körpergewebe entweder „verschluckt“ oder zurückgeworfen. Mittels Ultraschall werden der Herzmuskel, die Herzklappen und die großen Gefäße dargestellt.
- Elektrokardiogramm (EKG): Das EKG bezeichnet die Messung der elektrischen Aktivität des Herzens. Die Herzaktion wird in Form von Kurven aufgezeichnet. So erhält die Ärztin bzw. der Arzt Informationen über den Gesundheitszustand des Herzens, denn die Bildung und Ausbreitung der elektrischen Erregung ist bei vielen Krankheiten verändert.
- In Einzelfällen kann eine Computertomographie (CT) oder Magnetresonanztomographie (MRT) des Herzens notwendig sein.
- Herzkatheteruntersuchungen: Als „Herzkatheter“ wird eine Untersuchung des Herzens, insbesondere der Herzkranzgefäße und der Herzkammern bezeichnet. Die Ärztin oder der Arzt kann dabei mithilfe eines dünnen Kunststoffschlauches (Katheter) sowie unter Verwendung von Kontrastmittel die Herzkranzgefäße sowie die Herzkammern auf einem Röntgenbildschirm sichtbar machen, um so eventuelle Durchblutungsstörungen des Herzens oder Störungen der Pumpkraft zu sehen.
Therapie
Am DHZC bieten wir das gesamte Spektrum moderner diagnostischer und therapeutischer Möglichkeiten der Kardiologie, der Kinderkardiologie und der Herzchirurgie an. Dabei arbeiten wir gemeinsam mit vielen Kliniken und ambulanten Praxen in Berlin und Brandenburg zusammen und haben das Berliner Herzinsuffizienz-Programm aufgebaut. Außerdem fungieren wir als überregionales Herzinsuffizienz-Zentrum für Berlin und konnten einrichtungsübergreifende interdisziplinäre Fallbesprechungen, gemeinsame Standards bei Diagnostik und Therapie sowie Initiativen zur Fort- und Weiterbildung von ärztlichem und pflegerischem Personal gemeinsam etablieren. So sollen neue Maßstäbe im Bereich der Herzinsuffizienz-Behandlung gesetzt werden.
In unserer Klinik stehen sämtliche modernen Verfahren der kardiovaskulären Diagnostik und Therapie zur Verfügung (einschließlich MRT, CT, Elektrophysiologie, Herzkatheterverfahren zur Behandlung von Herzkranzgefäßen und Herzklappen, Schrittmacher-Implantation, chirurgische Verfahren einschließlich Bypasschirurgie, Klappenchirurgie, mechanische Kreislaufunterstützung und Herztransplantation).
Kunstherzen
Zur Kreislaufunterstützung bieten wir mechanische Kreislaufunterstützungssysteme an. Man unterscheidet zwischen Kurz- und Langzeitsystemen.
Bei Kurzzeitsystemen liegt die eigentliche Pumpe außerhalb des Körpers. Dabei werden Herz- und Lungenfunktionen kurzfristig unterstützt, um eine Unterversorgung des Gehirns zu verhindern. Pumpsysteme versorgen den Körper mit Blut, entlasten das Herz und unterstützen den Blutkreislauf. Patient:innen mit diesen Systemen können mobilisiert werden, sind aber auf das Krankenhaus angewiesen.
Wenn das Herz sich nicht erholen kann oder eine Erholung länger dauert, werden ventrikuläre Unterstützungssysteme – also Langzeitsysteme – eingesetzt. Diese „Kunstherz-Systeme“ bestehen aus einer kleinen Pumpe, die die Chirurgin oder der Chirurg direkt am Herz der Patientin oder des Patienten einsetzt. Die meisten Patient:innen mit Kunstherz können ein weitgehend normales Leben führen. Mehr als die Hälfte von ihnen steht auf der Warteliste für ein Spenderherz. Mit bisher über 3.400 Kunstherz-Implantationen betreibt das DHZC unter Leitung von Prof. Evgenij Potapov das größte Kunstherz-Programm der Welt.
Kunstherzen
Langzeit-Unterstützungssysteme, sogenannte Kunstherzen, werden eingesetzt, wenn sich das Herz nicht erholen kann.
Herzinsuffizienz-Zentrum des DHZC
Das Deutsche Herzzentrum der Charité ist das überregionale Herzinsuffizienz-Zentrum Berlins. Dies ist nach den Kriterien der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie (DGK) zertifiziert. In unserer Ambulanz für Schwere Herzinsuffizienz und Kardiomyopathien und auf unserer zertifizierten Herzinsuffizienzstation sind wir spezialisiert auf die Diagnostik und Therapie der Herzinsuffizienz. Wir betreuen dabei sowohl Patient:innen mit häufigen Ursachen (z.B. dilatative Kardiomyopathie, schwere Herzinfarkte) als auch solche mit eher ungewöhnlichen Diagnosen (z.B. Speichererkrankungen oder entzündliche Herzmuskelerkrankungen einschließlich kardiale Amyloidose und Myokarditis).
Unser Angebot richtet sich individuell nach der Situation der Patient:innen. Wir behandeln sowohl Patient:innen, bei denen erstmals eine Herzschwäche oder Herzmuskelerkrankung festgestellt wurde und die bisher nicht kardiologisch betreut werden, als auch Patient:innen, die schon lange an einer Herzerkrankung leiden und entsprechend kardiologisch behandelt werden. Verschlechtert sich ihr Gesundheitszustand trotz der Behandlung, prüfen wir weitere therapeutische Möglichkeiten wie katheterbasierte und chirurgische Optionen. Auch bei Patient:innen mit einer schweren Herzerkrankung leiten wir spezielle Behandlungsmethoden ein – bis zur mechanischen Kreislaufunterstützung oder Organtransplantation.
Über das DHZC und die Charité hinaus haben die Spezialist:innen der beiden Zentren das Berliner Herzinsuffizienz-Programm (BeHIP) ins Leben gerufen. BeHIP hat sich zum Ziel gesetzt, die Versorgung von Patient:innen mit Herzinsuffizienz in Berlin und Umgebung gemeinsam mit anderen Kliniken und Praxen durch eine Reihe von Maßnahmen zu verbessern. Dazu gehören u.a. eine Vernetzung von ambulanten und stationären Gesundheitseinrichtungen, die Durchführung von Fort- und Weiterbildungsveranstaltungen sowohl für Ärzt:innen als auch für Pflegende (z.B. zur Heart Failure Nurse) sowie Schulungen für Patient:innen und deren Angehörige.
Darüber hinaus werden im Transsektoralen Herzinsuffizienznetzwerk Berlin Südwest-Brandenburg Patientinnen und Patienten mit chronischer Herzschwäche gemeinsam mit niedergelassenen kardiologischen Schwerpunktpraxen und Hausärzten der Region umfassend betreut und erhalten in kostenfreien Schulungsangeboten wertvolle Informationen zum Umgang mit ihrer Erkrankung im Alltag. das Netzwerk ist an der DHZC-Klinik für Kardiologie, Angiologie und Intensivmedizin am Campus Benjamin Franklin angesiedelt. Ansprechpartnerinnen sind Prof. Dr. Bettina Heidecker (Oberärztin und Leitung der Herzinsuffizienz- und Kardiomyopathie-Sprechstunde am CBF) und die zertifizierte Herzinsuffizienzschwester Daniela Hinrichs.
Ihr Kontakt
Herzsport bei Herzinsuffizienz
Patient:innen, die an Herzschwäche leiden, können grundsätzlich Sport machen. Wichtig ist, dass sie vorab Rücksprache mit ihrer behandelnden Ärztin bzw. ihrem behandelnden Arzt halten. Sportarten, die für Patient:innen mit Herzinsuffizienz infrage kommen, sind unter anderem Walken oder Radfahren. Bei einem akuten Infekt, Brustschmerzen, Luftnot oder Schwindel sollten Herzinsuffizienz-Patient:innen jedoch auf Sport verzichten.
Begleitend zur kardiologischen Behandlung eignet sich Herzsport als Rehabilitationsmaßnahme. Die körperliche und geistige Leistungsfähigkeit der Patient:innen kann dadurch deutlich steigen. Wichtig ist, dass neben der Übungsleiterin oder dem Übungsleiter auch immer ein:e Mediziner:in anwesend ist. Herzsport wird ärztlich verordnet und von den Krankenkassen finanziell gefördert. Am DHZC wird Herzsport für schwer Herzinsuffiziente und Patient:innen mit Kunstherz-Systemen im Rahmen einer Studie angeboten. In Kleingruppen von maximal 7 Personen wird einmal pro Woche trainiert. Das Training umfasst unter anderem Gymnastik- und Koordinationsübungen, Ausdauertraining und Entspannungsübungen.
Herzsport
Am DHZC können Patient:innen mit Herzinsuffizienz einmal pro Woche in Kleingruppen trainieren. Auf dem Trainingsplan stehen unter anderem Gymnastik- und Koordinationsübungen, Ausdauertraining und Entspannungsübungen.
(Bild: DHZC)