Gefäßschlinge
Im Gegensatz zu Gefäßringen umgeben Gefäßschlingen Speiseröhre und Luftröhre nicht vollständig, können diese aber trotzdem schwer komprimieren und so Symptome verursachen.

Varianten und Ursachen
Ein typisches Beispiel ist die Schlinge der linken Lungenschlagader (linke Pulmonalarterie, LPA): Dabei zieht die LPA erst weit nach rechts, um dann zwischen Speiseröhre und Luftröhre zur linken Seite zu kreuzen. Durch den fehlerhaften Weg der LPA zwischen Speiseröhre und Luftröhre wird die Speiseröhre von vorne und die Luftröhre von hinten eingeengt. Außerdem kann die LPA-Schlinge mit einer Fehlbildung der Luftröhre vergesellschaftet auftreten, wobei die Knorpel als komplette Ringe ausgebildet sind und auch eingeengt sein können.
Weiterhin kann die Speiseröhre durch eine falsch an der absteigenden Körperschlagader entspringenden rechten Armschlagader (Arteria subclavia lusoria) entstehen. Im Abgangsbereich der Arteria lusoria kann das Gefäß auch stark erweitert sein (Aneurysma), was die Beschwerden noch verstärken kann. Nach dem Erstbeschreiber wird diese Erweiterung oder Aussackung auch Kommerell Divertikel.
Es gibt auch das Syndrom der Kompression des Truncus brachiocephalicus, bei dem die Trachea von vorne durch eine Schlagader (Truncus brachiocephalicus, für die Blutversorgung der rechten Kopf- und Halsseite und die rechte Armarterie) durch einen zu späten Abgang des Truncus aus dem Aortenbogen eingeengt wird.
Sehr selten ist auch eine sogenannte Schlinge des Aortenbogens (Circumflex Aorta). Dabei gibt es einen linken Aortenbogen, die absteigende Aorta steigt aber nicht links ab, sondern kreuzt direkt wieder nach rechts, was zu Einengung von Luft- oder Speiseröhre führen kann.
Symptome
Normalerweise wird die Luftröhre im vorderen Anteil durch knorpelige Spangen aufgespannt. Im hinteren Anteil wird sie durch eine Muskelschicht geschlossen.
Durch den Druck der Gefäßschlinge (typisch bei LPA- Schlinge und Kompressionssyndrom des Truncus brachiocephalicus und bei Circumflex Aorta) und kann es zur Einengung und Erweichung der Knorpelspangen (Tracheomalazie) kommen, was zu einem typisch verschärften Atemgeräusch (Stridor) bei der Ein- und Ausatmung führen kann. Ein weiterer Grund für dieses Atemgeräusch kann auch eine angeborene Enge der Luftröhre (Trachealstenose) sein. Hierbei wird die Luftröhre oft anstatt durch Knorpelspangen von kompletten Knorpelringen aufgebaut. Manchmal werden Atembeschwerden oft nicht frühzeitig erkannt oder als Asthma fehlgedeutet. Der Körper- und Lungenblutstrom wird bei diesen Gefäßfehlbildungen meist nicht vermischt und daher fallen die Patient:innen auch nicht durch Blausucht oder Symptome der Herzschwäche wie Schwitzen oder schlechtes Gedeihen auf.
Bei der Arteria subclavia lusoria kommt es zu Schluckbeschwerden, da die Schlagader (und ggf. auch das Kommerell-Divertikel) hinter der Speiseröhre kreuzt und diese damit von hinten eingeengt.
Diagnose
Am DHZC bieten wir Patient:innen verschiedene Verfahren zur Diagnostik an. Häufig wird die Diagnose oft schon in der Schwangerschaft im Feinultraschall gestellt. Nach der Geburt sind die wichtigsten Untersuchungsmethoden: Echokardiographie, Magnetresonanztomographie (MRT), Computertomographie (CT) und Bronchoskopie. Dabei wird eine Sonde in die Luftröhre eingeführt, um die Engstelle und ggf. auch komplette Knorpelringe zu untersuchen. Bei unklarem Gefäßverlauf kann auch eine Angiographie zur Klärung erforderlich sein.
Wird die Gefäßschlinge erst nach der Geburt festgestellt, eigen sich vor allem die Magnetresonanztomographie (MRT) und die Computertomographie (CT) zur eindeutigen Diagnose. Damit lassen sich die Organe und Gefäße zuverlässig darstellen.

Therapie
Nach einer mittigen Eröffnung des Brustbeins wird die fehlabgehende linke Lungenschlagader aus ihrer bindegewebigen Aufhängung gelöst. Nach Start der Herz-Lungen-Maschine kann die linke Pulmonalarterie von der rechten Pulmonalarterie abgesetzt und dann hinter der Luftröhre zur linken Seite gezogen werden. Der Hauptstamm der Pulmonalarterie wird links eingeschnitten und die linke Lungenschlagader auf der richtigen (linken) Seite des Hauptstamms wieder eingesetzt. Nach dem Durchtrennen der Gefäßschlinge kann es im weiteren Verlauf zu einer erneuten Einengung der reimplantierten Pulmonalarterie kommen.
Ist eine Erweichung der Knorpelspangen der Luftröhre Grund für die Engstellung, so besteht die Therapie in der Entfernung der einengenden Schlinge. Danach besteht oft immer noch eine gewisse Instabilität (Weichheit) der Luftröhre, sodass die Atembeschwerden auch noch längere Zeit bestehen bleiben können, auch wenn die Ursache beseitigt ist.
Manchmal sind zur Behebung einer langstreckigen Enge spezielle Rekonstruktionsverfahren der Luftröhre unter Einsatz der Herzlungenmaschine notwendig.
Bei der Arteria subclavia lusoria wird über einen kleinen Schnitt (meist in der rechten Achselhöhle) das Ductusband und die Arteria lusoria aus dem umgebenden Gewebe gelöst und in die rechte Kopfschlagader eingesetzt. Ein evtl. vorhandenes Kommerell-Divertikel herausgeschnitten und übernäht. Die Kompression der Speiseröhre ist behoben.
Beim Syndrom der Kompression des Truncus brachiocephalicus wird die Schlagader für die rechte Kopf Hals Seite und den rechten Arm (Truncus brachiocephalicus) unter Einsatz der Herz-Lungen-Maschine herausgelöst und dann weiter rechts erneut in den Aortenbogen eingepflanzt.
Nach einer mittigen Eröffnung des Brustbeins und Start der Herz-Lungen-Maschine wird bei linkem Aortenbogen dieser und alle zum Kopf führenden Gefäße mobilisiert und dann nach Abgang der Kopf- und Halsgefäße durchtrennt. Der hinter der Speiseröhre verlaufende Aortenbogen wird auf die rechte Seite gezogen und auf der rechten Seite der aufsteigenden Aorta wieder eingesetzt. Die Engstelle ist behoben.
Therapie am DHZC
Am Deutschen Herzzentrum der Charité führen wir diese sehr seltenen Eingriffe mit großer Routine durch. Die Säuglinge bedürfen auch nach Korrekturoperation oft einer besonderen intensivmedizinischen Nachsorge, manchmal sogar eines vorübergehenden Luftröhrenschnittes (Tracheotomie). Auf unserer Intensivstation arbeiten Kinderärzt:innen, Kinderintensivmediziner:innen und Kinderintensivpflegende mit jahrelanger Erfahrung. Sie kennen diese Atemwegsproblematik und können frühzeitig Probleme erkennen sowie zeitnah behandeln.
Die große Routine bei einem so seltenen und komplexen Herzfehler macht sich im sehr guten postoperativen Verlauf unserer Patient:innen bemerkbar. Weitere Informationen dazu finden Sie in unseren extern validierten Qualitätssicherungsstandards und Qualitätsjahresberichten.
Prognose
Die Prognose nach Korrektur der Gefäßschlinge ist in der Regel gut und die Beschwerden sind weitestgehend behoben. Nach dem Durchtrennen der Gefäßschlinge kann es im weiteren Verlauf aber zu einer erneuten Einengung der reimplantierten Gefäße kommen.
Daher müssen in den nächsten Wochen, Monaten und auch Jahren nach der Operation genaue Kontrollen bei der niedergelassenen Kinderkardiologin bzw. beim niedergelassenen Kinderkardiologen durchgeführt werden, um die weitere Entwicklung genau im Blick zu behalten und eventuelle Verengungen zu erkennen.
Wenn das Brustbein längs durchtrennt wird, braucht es in der Regel etwa vier bis sechs Wochen, um wieder vollständig zu verheilen und stabil zu sein. Danach steht einer normalen Belastung nichts im Wege.
Fragen und Antworten für Eltern (FAQ)
Bestehen Symptome, sollte die Korrekturoperation zeitnah durchgeführt werden, um mögliche Komplikationen zu vermeiden. Die Operation ist schon im frühen Säuglingsalter ohne höheres Risiko durchführbar.
Nicht immer haben Patient:innen schon im Säuglingsalter Beschwerden. Wenn Beschwerden vorhanden sind, sollte auch eine Korrektur erfolgen. Ein abwartendes Verhalten ist nicht sinnvoll, da sich das Problem nicht `verwächst´.