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Besserer Schutz von Spenderherzen

Konservierung von Spenderherzen vor der Transplantation: Internationale Studie mit Beteiligung von Wissenschaftlern aus dem DHZC veröffentlicht.

 

Die an der Studie beteiligten Berliner Wissenschaftler (v.l.): Dr. med. Leonhard Wert, Dr. med. Felix Hennig, Prof. Dr. med. Christoph Knosalla und Dr. med. Ruhi Yeter von der DHZC-Klinik für Herz-, Thorax und Gefäßchirurgie.
© Paff/DHZC

 

Die an der Studie beteiligten Berliner Wissenschaftler (v.l.): Dr. med. Leonhard Wert, Dr. med. Felix Hennig, Prof. Dr. med. Christoph Knosalla und Dr. med. Ruhi Yeter von der DHZC-Klinik für Herz-, Thorax und Gefäßchirurgie.
© Paff/DHZC

Eine in der Fachzeitschrift „The Lancet“ veröffentlichte internationale Studie hat eine neue Methode zur Konservierung von Spenderherzen vor der Transplantation untersucht. Das Deutsche Herzzentrum der Charité (DHZC) in Berlin hat wesentlich zu den Forschungsergebnissen beigetragen und war die erste Klinik in Deutschland, die das System angewendet hat.

Die Zeit, in der ein Spenderorgan beim Transport vom Spender zum Empfänger nicht durchblutet wird, wird als Ischämiezeit bezeichnet und ist ein entscheidender Faktor für den Erfolg einer Herztransplantation. Denn von allen Organen, die von einem Verstorbenen zur Spende entnommen werden können, nimmt das Herz am schnellsten Schaden, wenn es nicht durchblutet wird.

Bislang werden Spenderherzen meist mit einer etwa vier Grad Celsius kalten, konservierenden Lösung durchspült und in Kühlboxen transportiert („statische Kaltlagerung, SCS“). So können Gewebeschäden minimiert werden. Dennoch sollte die Ischämiezeit bei Spenderherzen möglichst nicht mehr als vier Stunden betragen. Die Auswahlmöglichkeiten eines passenden Organs für Menschen auf der Warteliste sind daher begrenzt.

Entwicklung des „HOPE“-Systems

In Schweden wurde ein neues System entwickelt, das die Einschränkungen bei der Organtransplantation weitgehend aufheben soll. Das Prinzip wird als „hypothermisch oxygenierte Maschinenperfusion (HOPE)“ bezeichnet und besteht aus einem Transportgerät sowie einer speziellen Konservierungslösung. Das Gerät – etwas größer als ein Umzugskarton – enthält ein Kühlsystem, eine Kreislaufpumpe und einen Oxygenator.

Vor dem Transport wird das Gerät mit einer neu entwickelten Nähr- und Konservierungslösung befüllt, die unter anderem rote Blutkörperchen, Hormone, Eiweiße und Humanalbumin enthält. Nach der Entnahme aus dem Spenderkörper wird das Herz an die Kreislaufpumpe angeschlossen und während des Transports kontinuierlich mit der Lösung durchspült. Dabei werden die Herzmuskelzellen mit Hilfe des Oxygenators in der „Heart Box“ fortlaufend mit frischem Sauerstoff versorgt. Dieser Kreislauf wird zur zusätzlichen Konservierung des Organs auf konstant acht Grad Celsius gekühlt.

Einsatz in der internationalen Studie

Nach umfangreichen Tests wurde das System im Rahmen einer internationalen Studie für den Einsatz am Menschen zugelassen und am Deutschen Herzzentrum der Charité im Herbst 2021 erstmals in Deutschland eingesetzt.

An dieser Studie zum Vergleich der „HOPE“ mit der statischen Kaltlagerung (SCS) beteiligten sich neben dem DHZC 14 weitere Zentren aus acht europäischen Ländern. Zwischen dem 25. November 2020 und dem 19. Mai 2023 wurden insgesamt 229 Patient:innen aufgenommen. Davon erhielten 204 Patient:innen eine Herztransplantation, die in die primäre Analyse einbezogen wurden.

Primärer Endpunkt und Ergebnisse

Die Teilnehmer:innen wurden nach dem Zufallsprinzip einer der beiden Behandlungsgruppen zugewiesen. Als „primärer Endpunkt“, also als Hauptfaktor zum Vergleich der beiden Methoden, legten die Wissenschaftler:innen das Auftreten mindestens einer der folgenden schwerwiegenden Ereignisse innerhalb von 30 Tagen nach der Transplantation fest: primäre Transplantatdysfunktion (PGD, vereinfacht eine mangelhafte Funktion des Spenderorgans unmittelbar nach der Transplantation), akute zelluläre Abstoßung, Transplantatversagen oder den Tod der Patientin oder des Patienten.

Diese schwerwiegenden Ereignisse traten bei 19 % der Patient:innen in der HOPE-Gruppe auf, verglichen mit 30 % in der SCS-Gruppe, was auf eine Risikoreduktion von 44 % hinweist. Besonders auffällig war die Reduktion der primären Transplantatdysfunktion, die bei 11 % der Patient:innen in der HOPE-Gruppe auftrat, verglichen mit 28 % in der SCS-Gruppe.

Zusätzlich zeigte sich, dass auch weitere schwerwiegende Komplikationen in der HOPE-Gruppe seltener auftraten: 65 % der Patient:innen in dieser Gruppe berichteten von solchen Ereignissen, verglichen mit 70 % in der SCS-Gruppe.

Bewertung und Ausblick

Die jetzt im britischen „The Lancet“ veröffentlichten Ergebnisse der Studie zeigen, dass die HOPE-Methode im Vergleich zur traditionellen statischen Kaltlagerung eine vielversprechende Alternative für die Konservierung von Spenderherzen darstellen könnte.

Herzchirurg Prof. Dr. med. Christoph Knosalla, der chirurgische Leiter des Transplantationsprogramms am Deutschen Herzzentrum der Charité und – zusammen mit seinem DHZC-Kollegen Dr. med. Felix Hennig – einer der Autoren der Studie, bewertet die Ergebnisse als sehr ermutigend: „Die Möglichkeit, Spenderorgane ohne Schädigung über deutlich längere Zeiträume zu transportieren, könnte die Anzahl der für unsere Patientinnen und Patienten auf der Warteliste infrage kommenden Spenderorgane erheblich steigern. Zudem könnten wir Organe annehmen, die wir heute ablehnen müssen, weil sie auch kürzere Transporte ohne Sauerstoffzufuhr aufgrund verschiedener Umstände nicht unbeschadet überstehen würden.“

Die Wissenschaftler:innen erhoffen sich zudem einen besseren Schutz des Spenderherzens, fügt Christoph Knosalla hinzu, „insbesondere, wenn die Entnahme des erkrankten Organs beim Empfänger besonders zeitintensiv ist, beispielsweise nach einer mechanischen Kreislaufunterstützung oder früheren Operationen.“

Der langfristige Nutzen der HOPE-Technologie wird in weiteren Studien ermittelt, mit einer europaweiten, behördlichen CE-Zertifizierung des Systems wird noch in diesem Jahr gerechnet.

„Schon jetzt ist der erkennbare Fortschritt so groß, dass wir hoffen, dass wir dieses System, sobald es CE-zertifiziert ist, regelmäßig bei langen Transportzeiten und komplexen Empfängersituationen für unsere wartenden Patientinnen und Patienten einsetzen können“, so Knosalla abschließend.

Unser Video zeigt den Einsatz des Systems bei einer Herztransplantation am DHZC.