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AG Rauch-Kröhnert

Thrombose- und Hämostaseforschung

Thrombose- und Hämostaseforschungslabor

Auf experimentellem, translationalem und klinischem Gebiet beschäftigt sich die Arbeitsgruppe von Prof. Ursula Rauch-Kröhnert seit vielen Jahren mit den pathophysiologischen Grundlagen der Gerinnung und Thromboseentstehung sowie mit der über die Gerinnungsrezeptoren vermittelten „postkoagulatorischen Wirkung“ von Gerinnungsfaktoren im kardiovaskulären System.

Die bisherigen Ergebnisse und Publikationen führten zu grundlegend neuen Erkenntnissen über die Bedeutung von bestimmten Gerinnungsfaktoren und Gerinnungsfaktor-Rezeptoren, den Protease-aktiven Rezeptoren (PARs), für die Entstehung von Thromben, für die Immunantwort bei inflammatorischen Erkrankungen und für die Entstehung von Fibrosen am Herzen und die diastolische Dysfunktion des Herzens (s. Publikationsliste). Neben den experimentellen Arbeiten an verschiedenen PARs knock-out Mäusen oder transgenen Tieren wurden Forschungsarbeiten auch auf dem translationalen Bereich und klinischen Bereich durchgeführt.

Die klinischen Kohortenstudien befassten sich hauptsächlich mit dem Einsatz von Plättchenhemmern oder oralen Antikoagulanzien (OAK), die bei Hochrisikopatient:innen mit koronarer Herzerkrankung und/oder nicht-valvulärem Vorhofflimmern sowie – die OAKs betreffend – „off-label“ bei Patient:innen mit mittel- bis schwerem COVID-19 eingesetzt wurden.

Ziele der „Investigator-initiated Trials“ (IITs) und anderer Kohortenstudien war es, entweder Surrogatmarker zur Abschätzung der klinischen Prognose zu identifizieren oder die klinische Prognose durch Verabreichung von effizienten und sicheren Antikoagulanzien zu verbessern.

Projekte

Protease-Activated Receptors (PARs)

Im Rahmen unserer DFG- und DZHK-Forschungsprojekte erforschte die Arbeitsgruppe die Bedeutung von Tissue Faktor (TF), dem Initiator des extrinsischen Gerinnungssystems, für die Funktion des Herzens. Neben seiner koagulatorischen Wirkung besitzt TF auch Signalingaktivität. Der TF:VIIa:(Xa)-Komplex kann PAR-1 und PAR-2 proteolytisch aktivieren. Als G-Protein gekoppelte Rezeptoren vermitteln PAR-1 und -2 inflammatorische Signalkaskaden z.B. über MAP-Kinasen (p38) oder ERK, die zur Produktion weiterer Entzündungsmediatoren führen.

Bedeutung der PARs für das angeborene Immunsystem

Bei viralen Infektionen mit dem kardiotropen Cocksackie-Virus B3 (CVB3) beobachteten wir, dass PARs die erworbene Immunantwort beeinflussen. In Kooperation mit Herrn Professor Dr. N. Mackman, University of North Carolina, USA, zeigten wir, dass PAR-1 und PAR-2 über direkte Interaktion mit Toll-like Rezeptoren die Interferon-ß Synthese modulieren und damit entscheidend den Verlauf der Virusinfektion am Herzen kontrollieren.

PARs und Fibrose

Des Weiteren beschrieb die Arbeitsgruppe die Bedeutung von PAR-1 und PAR-2 für die Entstehung von myokardialen Fibrosen, welche zu einer diastolischen Dysfunktion führen. Unter Zuhilfenahme eines PAR-2 knock-out Mausmodells sowie verschiedener pharmakologischer Tiermodelle, in denen entweder direkt oder indirekt PAR-1 gehemmt wurde, zeigten wir die der myokardialen Fibroseentstehung zugrunde liegenden Patho-mechanismen auf und verwiesen auf die durch eine Hemmung des Faktor Xa vermittelte antifibrotische Wirkung am Herzen.

PARs und metabolisches Syndrom

Unter Zuhilfenahme eines ApoE/PAR2-defizienten Mausmodel erfassen wir in Zusammenarbeit mit der Universitätsklinik Greifswald und Universität Oldenburg derzeit die Rolle von PAR-2 im kardiovaskulären System. Nicht nur in der Gefäßwand, sondern auch in verschiedenen anderen Geweben (Herz, Leber, Nieren, Pankreas) werden entzündlichen und fibrotischen Veränderungen untersucht. Eine bislang wenig untersuchte Bedeutung besitzen PAR-Rezeptoren bei metabolischen Erkrankungen wie dem Diabetes und für die Kontrolle des Körpergewichtes und dem Lipidmetabolismus. Wir beschäftigen uns mit der kardiometabolischen Bedeutung der PARs, besonders von PAR-2. Erste Daten weisen nicht nur auf einen veränderten Lipidstoffwechsel, sondern auch Glukosestoffwechsel bei den o.g. transgenen Tieren hin.

 

Rolle des Mikrobioms für die prokoagulatorische Aktivität

Darmmikrobiota und ihre erzeugten Metaboliten, wie z.B. der metaorganismale Metabolit Trimethylamin-N-oxid (TMAO), beeinflussen den vaskulären Phänotyp und erhöhen die Thrombozytenreaktivität. In einer explorativen klinischen Studie beobachtete die Arbeitgsgruppe zunächst, dass erhöhte TMAO-Spiegel bei mit Plättchenhemmern behandelten Patienten mit einem erhöhten Risiko für schwerwiegende unerwünschte kardiovaskuläre Ereignisse (MACE) (nicht-tödlicher Myokardinfarkt, nicht-tödlicher Schlaganfall oder kardiovaskulärer Tod) assoziiert waren. Deshalb untersuchten wir in Zusammenarbeit mit Herrn Professor Dr. S. Hazen, Cleveland Clinic, USA, den Einfluss von TMAO auf die Expression und Prokoagulabilität von TF. Unsere Arbeitsgruppe zeigte, dass endothelial exprimierter TF zum TMAO-bedingten arteriellen Thrombosepotenzial beitrug und eine gezielte Hemmung der mikrobiellen Cholin-TMA-Lyase im Darm dies blockierte. Desweitern ist diesbezüglich ein translationaler Ansatz mit epidemiologischer Studie zur präklinischen kardiovaskulären Risikostratifizierung geplant.

Prävention und Thromboinflammation

Die moderne Prävention von Herz-Kreislauf-Erkrankungen beruht auf präventiv wirksamen Therapien wie z.B. lipidsenkenden, antidiabetischen und antithrombotischen Medikamenten. Die Behandlung der Dyslipidämie ist dabei durch zahlreiche neue Medikamente wie PCSK9-Inhibitoren charakterisiert, die verwendet werden, wenn leitliniengerechte Zielwerte mit einer konventionellen Therapie nicht erreichbar sind. Der Benefit der PCSK9-Inhibitoren, kardiovaskuläre Ereignisse zu reduzieren, wurde in verschiedenen klinischen Studien nachgewiesen. Auch bei der Behandlung von Patienten mit Diabetes mellitus Typ-2 sind in den letzten Jahren mit den GLP-1-Rezeptor-Agonisten und den SGLT2-Inhibitoren Medikamente zugelassen worden, die die kardiovaskuläre Morbidität und Mortalität reduzieren.

Bisher nur wenig erforscht sind die dem kardiovaskulären Benefit zugrunde liegenden Pathomechanismen. Hypothetisiert wird, dass präventiv wirksame Medikamente und Lebensstilmodifikationen thromboinflammatorische Vorgänge beeinflussen und prothrombotische Veränderungen reduzieren können.

Unsere Arbeitsgruppe untersucht die Effekte einiger der o.g. medikamentösen Therapien auf die Plättchen- und Gerinnungsfunktion sowie die Expression oxidierter Phospholipide auf den Plättchenmembranen und auf leukozytären Zellen. Funktionelle Untersuchungen zur Gerinnbarkeit des Blutes und zu den entzündlichen Vorgängen werden zusammen mit systematischen Screening-Analysen wie Proteomics und Lipidomics betrachtet. Ziel ist es, neue Targets zwecks therapeutischer Modifikation zu erfassen.

Dieses Programm wird im Rahmen des Aufbaus des Friede-Springer kardiovaskulären Präventionszentrums (FS-CPC) an der Charité durchgeführt.   

Thrombokardiologie in der Notfallmedizin

Die Aktivierung der Gerinnungs- und Thromboinflammation ist bei der Auslösung akuter thrombotischer und thromboembolischer Ereignisse maßgeblich beteiligt. Die akute und chronische Thromboinflammation wird durch Gerinnungsfaktoren und deren Rezeptoren (PARs) maßgeblich reguliert (s.o.).

Ein akutes Koronarsyndrom (ACS) wird durch Plaquerupturen (RFC-ACS) und Plaqueerosionen (IFC-ACS) verursacht. In 30-40% der Fälle liegt eine Plaqueerosion vor, bei der die Plättchen- und Immunaktivierung eine größere Rolle spielen als bei der Plaqueruptur. Unsere Arbeitsgruppe erforscht die molekularen Mechanismen von IFC-ACS mit dem Ziel, individuell diagnostische und therapeutische Ansätze zu entwickeln.

Der infarktbedingte kardiogene Schock ist mit einer Sterblichkeitsrate bis zu 50% die Haupttodesursache bei ACS-Patienten. Durch die Aktivierung des Gerinnungs- und Immunsystems kommt es zum Multiorganversagen. Moderne kardiale Unterstützungssysteme (ECMO, Impella) und extrakorporale Zytokinadsorber gelten als vielversprechende Therapieoptionen. Die Beschreibung des Einflusses dieser Therapien auf die Thromboinflammation stellt einen Schwerpunkt der Arbeitsgruppe dar.

Zukünftig sollen Diagnostik- und Therapieentscheidungen in der kardiovaskulären Medizin individuell getroffen werden. Die Projektarbeit unserer Gruppe zielt darauf ab, bereits verfügbare thromboinflammatorische Marker in die klinische Praxis zu integrieren und damit zu dem Fortschritt in der kardiovaskulären Medizin beizutragen.

Team

  • Univ.-Professor Dr. Ursula Rauch-Kröhnert (Leiterin der Arbeitsgruppe Thrombose- und Hämostaseforschung)
  • Privat-Dozent Dr. Julian Friebel (Arbeitsgruppenleiter der Sektion Thrombokardiologie in der Notfallmedizin)
  • Vincent Alexander Bargou, medizinischer Doktorand
  • Emily Ghanbari, medizinische und naturwissenschaftliche Doktorandin (MD/PhD)
  • Adel Hassanein, wissenschaftlicher Mitarbeiter
  • Dr. Kai Jakobs, wissenschaftlicher Mitarbeiter
  • Kerstin Kamprath, MTA
  • Raphaela Linke, medizinische Doktorandin
  • Nazli Nagiyeva, medizinische Doktorandin
  • Marianna Puccini, wissenschaftliche Mitarbeiterin
  • Hannah Schnaidt, medizinische Doktorandin
  • Philipp-Alexander Schencke, medizinischer Doktorand
  • Sivarujan Sritharan, medizinischer Doktorand

Das Team der Arbeitsgruppe von Prof. Dr. med. Ursula Rauch-Kröhnert

Das Team der Arbeitsgruppe von Prof. Dr. med. Ursula Rauch-Kröhnert

Wichtige Publikationen (Auszug)